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Rihlat
al alf miil tabda bi khatwa
Eine Reise von
tausend Meilen fängt mit dem ersten Schritt an.
Uns
Menschen ist eine Angst vor dem Fremden angeboren. Die Scheu allerdings, die viele vor dem Orient haben, ist meiner Ansicht
nach unbegründet und resultiert aus dem zu geringen Wissen über diese
andere Kultur.
Viele Verhaltensweisen, Sitten und Gebräuche sind von den unseren sehr
verschieden, sodass die einen nicht in der Lage sind, die anderen zu
verstehen.
Ich habe auf meinen
Reisen einerseits festgestellt, dass die Menschen in den verschiedenen Ländern
charakteristische, landestypische Eigenheiten besitzen, oft auch
geprägt durch die jeweiligen politischen oder wirtschaftlichen
Gegebenheiten.
Andererseits lernte ich bei allen den für die Orientalen so
wesentlichen Humor, die Geduld, die Lebensfreude trotz oft schwieriger
Lebensumstände und ihre Großzügigkeit kennen. Sie geben sprichwörtlich
"das letzte Hemd".
Wer einmal in den Genuss ihrer Gastfreundschaft kam, wird sich wohl
schamvoll daran erinnert haben, wie wir Deutschen uns oft den Fremden
gegenüber verhalten. Sie achten mehr als wir noch auf ihre Intuition
und ihre Menschenkenntnis ist verblüffend.
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Gastfreundschaft "Auf
dass Brot und Salz zwischen uns stehe!"
Es
kann Ihnen passieren, dass Sie von wildfremden Menschen zu sich nach Hause
eingeladen werden.
Bringen Sie immer ein Geschenk mit. Das kann Gebäck, Süßigkeiten oder
Spielsachen für die Kinder oder auch mal Geld sein. Das Geld sollten Sie aber
den Kindern zustecken. Diese geben das dann später den Eltern.
Auch bei großer Armut wird man Ihnen alles nur Erdenkliche vorsetzen und
jeden Wunsch von den Augen ablesen.
Deshalb ist es bei armen Leuten besonders wichtig, ein entsprechend wertvolles
Gastgeschenk mitzubringen.
Geschenke werden oft nicht ausgepackt, damit der Schenkende nicht das
enttäuschte Gesicht sieht, wenn es dem Empfänger nicht gefällt.
Sobald man ein Haus betritt, wird man ins beste Zimmer, in den Saloun, geführt
und bekommt dort den besten Platz zugewiesen. Aber vorher unbedingt die Schuhe
ausziehen, auch wenn die Gastgeber sagen, es wäre nicht schlimm! Oft stehen
kleine Pantöffelchen für die Gäste bereit.
Marokkanische Pantöffelchen
Oft ist es üblich den Gast mit dem Boghour,
einer Mischung verschiedener aromatischer Hölzer, Blüten und Harze, zu beweihräuchern. Auf der
arabischen Halbinsel wird das Räuchergefäß, wenn man im Saloun Platz
genommen hat, unter die Kleidung gestellt.
Zuerst empfand ich es ein wenig seltsam, aber es ist ein tolles Erlebnis, so
von Fuß bis Kopf in die Düfte des Orients eingehüllt zu werden. Der Duft
blieb tagelang in den Kleidern.
Ein Kanoun (arabisch für
"Ofen") aus Oman.
In diesem Gefäß wird der berühmte Weihrauch, sowie Boghour entzündet.
Die
Gastgeber weisen uns
nie auf etwas hin, was man nicht tun sollte, sondern gehen davon aus, dass man
sich schon richtig verhalten wird: bei uns Europäern aber weit gefehlt!
Oft sitzt man auf dem Fußboden. Achten Sie darauf, dabei dem Gegenüber nicht
die Fußsohlen zu zeigen!
Bitte nur mit der rechten Hand essen und trinken, die linke Hand gilt als
unrein!
Ein Ausdruck von Höflichkeit ist es, alles wenigstens zu probieren, auch wenn
man keinen Hunger hat.
Wenn nach dem Essen der Kaffee eingeschenkt wird, trinkt man höchstens drei
Tässchen, mehr ist unhöflich. Aber man muss signalisieren, dass man genug
hat, sonst wird ohne zu fragen immer wieder nachgeschenkt.
Das Signal hierfür ist zum Beispiel im Mittleren Osten, dass man sein leeres
Tässchen zwischen Daumen und Zeigefinger kurz hin und her schwenkt.
In der Türkei, wo man meist Tee trinkt, legt man sein Löffelchen quer über
das Teeglas.
Und nachdem er gereicht wurde, ist es an der Zeit, sich zu verabschieden.
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Hochzeit
"...und
er gab ihr 1000 weiße Kamele zur Morgengabe."
Der Höhepunkt
im Leben eines jeden Orientalen ist die Hochzeit.
Auch heute ist es oft noch so, dass die Eltern der jungen Leute sich
rechtzeitig umschauen, wer denn als Heiratskandidat ( -in ) geeignet wäre.
Wenn das zu schwierig erscheint, werden berufsmäßige
Heiratsvermittlerinnen eingeschaltet.
Manchmal hat sich das junge Paar aber schon heimlich verliebt, und es
versucht, eine Vertrauensperson zu finden, die genügend Autorität besitzt,
den Vater zu überreden.
Der Bräutigam ist verpflichtet, die Wohnung samt Hausrat und Möbeln zu
stellen, und glauben Sie bitte nicht, dass sich das junge Mädchen mit einer
Second-Hand-Einrichtung zufrieden gibt!
Außerdem ist er zuständig für die Ausrichtung der gesamten
Hochzeitsfeierlichkeiten, die sich über mehrere Tage erstrecken und manchmal
eine ganze Woche dauern.
Eine Hennena
wird beauftragt, alles, was die Braut zu ihrem äußeren
Erscheinungsbild benötigt, zu organisieren, beziehungsweise selbst
durchzuführen. Hennena ist die Berufsbezeichnung der Frauen, die die
Kunst der Hennamalerei und darüber hinaus alles, was im Zusammenhang
mit der Hochzeit steht, beherrschen.
Sie begleitet die Braut die ganze Zeit und hilft ihr zum Beispiel vom
Sessel aufzustehen, da die kostbaren, mit Perlen übersäten Gewänder
so schwer sind, dass sich das junge Mädchen nicht mehr selbständig
erheben kann.
Täglich wechseln Musikgruppen ab, die auch noch beköstigt und entlohnt
werden müssen.
Es kommen Hunderte von Gästen, und da oft in exclusiven Hotels gefeiert wird,
steigen die Kosten ins astronomische!
Der Bräutigam muss seiner Auserwählten eine bestimmte Menge Goldschmuck
schenken, meist ist das dann die sogenannte Morgengabe. Dies ist üblich, um
der Braut damit ein finanzielles Polster für den Fall einer späteren
Scheidung im vorhinein zu geben.
In Tunesien, dem modernsten arabischen Land mit einer weitgehend europäischen
Rechtsauffassung, besteht die Morgengabe meist lediglich in einem symbolischen
10-Dinar-Schein, den sich die Bräute später ins Fotoalbum kleben.
Aber in anderen Ländern handelt die Familie der Braut vor der Hochzeit die Bedingungen dieser
Mitgift aus, und oft verschuldet sich die Familie des Bräutigams dermaßen,
dass sie ein Leben lang die Schulden abtragen muss.
Die Braut zieht danach in das Haus des Bräutigams ein, versorgt die
Schwiegereltern, bekommt - in sha allah - (so Gott will) viele Kinder und
sie leben glücklich bis an ihr seliges Ende!
Können Sie verstehen, warum aber die meisten sich mehr über die Geburt eines
Sohnes freuen?
Es gibt viele Männer, die aus den oben genannten Gründen nie heiraten
können - mit auch ein Grund, weshalb viele versuchen, eine europäische Frau
zu finden.
Das Hochzeitskleid - Traum aller Mädchen
- Modell aus Tunis
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Erbschaft
Ein Vater teilt sein Erbe
folgendermaßen auf:
Der Sohn erhält zwei Drittel, die Tochter ein Drittel.
Das erscheint äußerst ungerecht der Frau gegenüber. Doch genau das
Gegenteil ist der Fall!
Der Sohn muss davon seine Mutter, seine unverheirateten Schwestern, seine
Frau und seine Kinder unterhalten.
Die Tochter dagegen kann alles für sich behalten, sich davon Schmuck,
Parfüm und schöne Kleider kaufen, verreisen und damit tun, wonach ihr
Herz begehrt.
Dieses Beispiel, eins von vielen, zeigt, warum sich arabische Frauen nicht
so sehr um Gleichberechtigung bemühen!
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Sakat - Almosen
Der Islam
verpflichtet die Gläubigen, Almosen zu geben, den Sakat. Für viele Arme
ist das die einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben und oft muss davon
noch eine Familie ernährt werden.
Weisen Sie einen Bettler nicht ab und geben Sie ihm nach Möglichkeit
etwas. Wenn Sie das nicht möchten oder können, sind einige nette Worte
besser als nichts.
Wir, aus dem Überfluss des Westens kommend, vergessen oft, dass es in den
meisten orientalischen Ländern keine oder eine zu geringe soziale Absicherung
gibt.
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Aberglaube
Die
meisten Orientalen sind sehr abergläubig und vertrauen auf das seit
Generationen überlieferte Wissen über die Magie.
Vielerorts, meist auf den Marktplätzen und vor allem in Marokko, bieten Frauen
Ihnen an, die Karten zu legen oder in der Hand zu lesen.
Die Hand der Fatma als Schlüsselanhänger - Tunesien Im täglichen Leben benutzt man
bestimmte Symbole und symbolträchtige Dinge, um sich, seine Familie und
das Haus zu schützen.
Hier ein paar Beispiele: (Auf der Henna-Seite finden Sie weitere Symbole
aus dem nordafrikanischen Raum.)
Gegen den Bösen Blick:
die Hand der Fatma (Tochter des Propheten)
die Zahl 5
= Chomsa (z.B. bei Hand oder Stern)
das Auge (Symbol dafür ist das Dreieck)
Als
Glücksbringer:
der Fisch
Dieses symbolträchtige
Plakat schützt gegen den Bösen Blick - mit Sprüchen aus dem Koran.
Wenn
man jemandem, von dem man denkt, dass er Böses im Schilde
führt, seine Hand-Innenfläche mit gespreizten Fingern entgegenstreckt, heißt das soviel wie: "Bleib
mir fern, Du hast den Bösen Blick!"
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